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Die Herrschaftsverhältnisse im Mittelalter
Wir haben im vorigen Kapitel gesehen, wie
mit der Inbesitznahme des alten Herzogtums Sachsen durch die Franken die
altgermanische Freiheit zu Ende gegangen war. Doch nichts währt ewig. Wie ein Phönix aus
de Asche erhob sich das junge Deutsche Reich unter Führung des Herzogsgeschlechts des
Liudolfinger, das aus
Altgandersheim stammte und über große Besitzungen am
nordwestlichen Harzrand, auch in der
Ebene von Lutter, verfügte.
Unter dem "sächsischen" Herrschergeschlecht, das in der Person von König Heinrich I. im Jahre 919
zur Regierung gelangt war, erlebten sowohl das junge Deutsche Reich wie auch das alte Herzogtum Sachsen einen gewaltigen
Aufschwung, zumal dies Geschlecht auch in den Pfälzen am Harzrand residierte.
Die ersten Inhaber der Grafengewalt im Ambergau und damit auch in Hahausen
waren ohne Zweifel die Brunonen. Es ist anzunehmen, dass sie, wie auch in
anderen Gauen, so auch hier den 780 bzw. 782 von Karl dem Großen gestifteten
Comitat innehatten. Nach einer Bestätigungsurkunde von König Otto I. vom 21. April 956 hatte Liudolf,
sein Großvater, auch Besitzungen in der Mark Lutter (Lutheria marku),
die er dem Stift Gandersheim schenkte.
Es ist doch fraglich, ob darunter auch Ländereien in Hahausen zu verstehen sind. Gleichfalls zweifelhaft ist, ob Hahausen
im Jahre 1021, dem Zeitpunkt seiner ersten Erwähnung, unter dem Grafen Boto oder unter dem Grafen Iso stand.
Wenn auch das Deutsche Reich sein Freiheit verteidigen konnte, so
besonders in den Kämpfen gegen die Madjaren (Ungarn), die 924 bis 933 auch unser Gebiet heimsuchten, so verfiel die altdeutsche
Freiheit im Inneren jedoch mehr und mehr. Als Herrscher des Reiches geboten die deutschen Könige bzw. Kaiser des Heiligen Römischen
Reiches (seit 962) nach Lehnsrecht über allen Grund und Boden. Aber der König musste in der Wirklichkeit seine Rechte mit anderen,
ihm ursprünglich gleichberechtigten Geschlechtern teilen, so in unserer Umgebung neben anderen mit den
angestammten Billungern. Sie beriefen
sich auf das althergebrachte Stammesrecht, und der Dualismus dieser beiden Anschauungen zog sich fortan lange Zeit durch die sächsische und
deutsche Geschichte. Auch Kirchen und insbesondere Klöster traten mehr und mehr als Lehnsherrn auf. Die freien Bauern gerieten in immer
größere Abhängigkeit, obwohl so genannte "Freiengerichte" unter einem
gewählten "Gografen" im Ambergau bis ins
19. Jahrhundert bestanden. Auch Hahausen hatte eine gewisse Selbstverwaltung unter den beiden Bauermeistern. Außerdem bestand die
Bauernköhr, eine Versammlung aller Gemeindeangehöhrigen, bei der über
Gemeindeangelegenheiten "geköhrt" wurde.
Neben Freien Freien gab es auch Unfreie, die so genannten Laten. Wenn auch
"der Hauptsitz der Unfreiheit in den Ämtern Winzenburg, Steuerwald und Hildesheim" gewesen zu sein scheint, so gab es auch
im Ambergau nicht wenige Latenhöfe. Dagegen wird es Hörige niedrigeren Grades als die Laten in unserem Gau nicht gegeben zu haben.
Wenn im Jahre 1021 Kaiser Heinrich II. ein ihm von "edlen Frau Eddila" übertragenes Gut "in unserem Eigentum, das Hahausen
genannt wird"
Chronik, Seite 33
an das Kloster Ringelheim verschenken konnte, so ersehen wir
daraus, dass Hahausen zum Hausgut der Liudolfinger gehörte- Die Adlige Eddila hatte ein wohl innerhalb dieses kaiserlich-königlichen
Besitzes gelegenes Gut an den Kaiser übertragen, der, als "der Heilige", wie er auch genannt wurde, aus Sorge um sein Seelenheil diese
Besitzung an das Kloster weitergab.
Für unsere Vorfahren wird diese Handlung nur insofern von Bedeutung gewesen sein, als sie ihre Aufgaben anstatt an ein Adelsgeschlecht oder
das Kaiserhaus nunmehr an das Kloster Ringelheim zu entrichten hatten.
Die freien Bauern hatten nur eine Naturalabgabe zu leisten, den Zehnten.
Er konnte in natura (bei den Hülsenfrüchten in Garben), nicht in ausgedroschenem Korn oder in Geld entrichtet werden. Der Zehnte
gehörte ursprünglich der Kirche, doch wurde später er später auch an Adlige verliehen.
Mit dem Ende der Kaiserzeit am Harzrand scheinen auch die Reste des Königsgutes in Hahausen in Klosterbesitz übergegangen zu
sein, da sowohl 1131 wie auch 1154, 1157 und danach noch bis ins 14. Jahrhundert Güterbesitz des Stiftes Riechenberg bei Goslar in Hahausen
nachgewiesen werden kann. Das Kloster Ringelheim hatte jedoch den überwiegenden Teil von Hahausen in seinem Besitz, wie wir aus dem Gnadenbrief
des Papstes Innozenz III. vom 06. Juni 1209 ersehen können. Diesen Besitzstand konnte es bis zur Hildesheimer Stiftsfehde (1519 - 1523) bewahren.
Der Zehnte des Dorfes wechselte jedoch oft den Besitzer, so in den Jahren
1250, 1264 und um 1318, als Friedrich und Wedekind von Sebexen die eine
und Hermann von den Medem die andere Hälfte desselben in Besitz hatten.
Er wird später ganz oder zur Hälfte an die Familie von Hardenberg
übergegangen sein. In der Zeit vom 10. bis 13. Jahrhundert wurde durch
die "Hauptrodungszeit" das Land waldleerer, im 13. Jahrhundert drang die
Rodungstätigkeit durch in den nordwestlichen Harz vor, der bisher als
"kaiserlicher Bannwald" davon verschont geblieben war. In der Hahäuser
Gemarkung änderte sich jedoch nicht all zuviel, da der hier jäh
aufsteigende Harz sowie das Sumpfgebiet in den Brüchen einer weiteren
Rodungstätigkeit einen Riegel vorschoben. Man konnte hier nur einige
Felder in Richtung Ödishausen urbar machen, die dann später als
Rott- und Rodeland bezeichnet wurden. Auch wurde in der Enge zwischen dem Harz
und dem heutigen Langenberg der Wald zurückgedrängt.
Hahausen gehörte seit dem 12. Jahrhundert bis zum Jahre 1267 zum Gesamthaus
Braunschweig-Lüneburg, bis 1285 zum so genannten alten Haus Braunschweig,
von 1285 bis 1292 war es Grenzort zwischen Wolfenbüttel und Göttingen,
seit 1292 (Tod des Herzogs Wilhelm von Wolfenbüttel) gehörte das Dorf
zur gemeinsamen Herrschaft Albrecht des Feisten (pinguis) bzw. seines Sohnes Otto
des Milden (1318 - 1344) über die Fürstentümer Göttingen und
Wolfenbüttel.
Während der 1. Hälfte des 14. Jahrhundert scheint sich in unserer Gegend
bereits ein allgemeiner Wohlstand bemerkbar gemacht zu haben. Nach einem
zeitgenössischen Bericht gingen zur Zeit des Bischofs Otto II. von Hildesheim (1319 - 1331)
"Bäuerinnen in vielen Dörfern seines Landes in guter Kleidung und in Mänteln,
mit buntem Pelzwerk gefüttert, einher",. Wie weit dies jedoch auch auf Hahausen zutraf,
sei dahingestellt.
Chronik, Seite 34
St. Romanus von Hahausen (um 1250)
Chronik, Seite 35
Als Herzog Otto der Milde
im Jahre 1344 gestorben war, ließen sich seine beiden Brüder und Thronfolger, Herzog
Magnus und Herzog Ernst, gemeinsam von der Stadt Braunschweig huldigen; gemeinsam untersagten sie die
Errichtung von Klöstern in Braunschweig und Umgebung, damals ein ungeheuerlicher Schritt. Am
17. April 1345 aber teilten beide ihr Land, Magnus erhielt Braunschweig und Ernst das so genannte Land
Oberwald mit Göttingen. Herzog Ernst schrieb:
Hertoghe Magnus, unse Broder, unde suíne rechte Erven, dat Land, dar
Brunswich inne lyd - dat anstan scal an deme dorpe to Hagehusen, dat af
yene sit dem Barenberghe ghelegen is,... mit Borghen, mit Steeden, mit
Dorpen, mit Voghedye (Vogteien), mid Gherichte, mid Tolle (Zoll), mid
Gheleyde 8Geleit), mit Clösteren, mid Möneke Hoven (Mönchshöfen), mid allem Erve und
Gude, id si vorleghen eder unverleghen, mit Lenen, se sind gheystlik eder
werlik und mid allgemene rechte, id si ledich eder vor sat....17. April
1345.
Wenige Tage später entließ Herzog Magnus "alle Herren, Ridderen, Knechten, Borgherren unde
Buren, de af yene des Dorpes to Haghehosen in deme Lande Overwolt, dar Gotingen inn lit" ...und alle Städte
aus dem ihm geleisteten Eide und wies sie an seinen Bruder Ernst.
Südlich Hahausen verlief also die gemeinsame Grenze beider Länder, und der Barenberg, nach dem Lutter
genannt wird, ist zwar nicht der Bakenberg, wie man annehmen könnte, sonder der Langenberg, der damals
Barenberg hieß.
Dieser Name haftet auch heute noch an dem 315,8 m hohen Bakenberg,
südlich bzw. südwestlich von Eichsberg und Buchenberg, der
zu der Zeit dem gesamten Höhenzug seinen Namen gab. Wenn dieser Berg auch nicht in unmittelbarer Nähe
von Lutter lag, so wollte man damit doch Lutters Lage an der Südgrenze des Wolfenbütteler Landes zum
Ausdruck bringen, zur Unterscheidung von Königslutter.
Über die damalige Grenzziehung wurden Irrtümer verbreitet, so nahm sowohl Günther in seinem "Ambergau"
wie auch Pastor Gagelmann im "Heimatbuch" an, dass Hahausen durch diese Grenzziehung zu Göttingen kam. Diese
Annahme ist jedoch falsch, das "yene Sit des Dorpes to Haghehosen" aus Sicht von Wolfenbüttel aus zu verstehen ist,
wo Herzog Magnus seinen Brief schrieb, und nicht von Göttingen her. Hahausen gehörte also zum nördlichen
Fürstentume.
Sei noch erwähnt, dass unser Dorf auch nicht von der Pest verschont blieb, die um die Mitte des 14. Jahrhunderts
ganz Deutschland und insbesondere das Harzgebiet heimsuchte. Viele Höfe lagen wüst, da alle Bewohner gestorben
waren, der Bergbau im Harz war völlig erloschen.
Chronik, Seite 36
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