DIE CHRONIK
von
HAHAUSEN

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Die Jahre nach dem Kriege

Mit der Kapitulation der deutschen Wehrmacht begann auch in Hahausen die Stunde Null. Alle Gewalt ging jetzt von der Militärregierung aus. Die von dieser eingesetzten Bürgermeister waren lediglich Hilfsorgane der Besatzungsmacht. Die Alliierten setzten die Deutsche Gemeindeordnung de facto außer Kraft, indem sie selbst die in den Gemeinden Verantwortlichen bestimmten und es dauerte in der britischen Besatzungszone immerhin bis zum 21. April 1946, ehe die Gemeindeverfassungen neu geregelt wurden.

Nach dem Ende des Krieges herrschte in Hahausen, wie in ganz Deutschland, ein ungeheures Chaos. Polnische Arbeiter, die von der Besatzungsmacht besonders betreut wurden, gaben den Ton an. Plünderungen und „Beschlagnahmen" von Rindern, Schweinen und Schafen kamen immer wieder vor. Auch hörte man von Überfällen, Vergewaltigungen, Mord und Totschlag in der näheren und weiteren Umgebung. Dazu kam die allgemeine Not. Jeder war bestrebt, die allerschlimmsten Mängel an Nahrung, Wohnung und Kleidung, so gut es ging, zu beheben. Wer die Möglichkeit zum „Schwarzschlachten", wie die während der Lebensmittelrationierung vorgenommenen unerlaubten Hausschlachtungen genannt wurden, hatte, tat dies. Selbstgefertigte Brenngeräte zur Herstellung von Spirituosen, vor allem den so genannten „Rübenschnaps", gingen von Haus zu Haus.

In den letzten Monaten des Krieges und nach dem Waffenstillstand hatte in den deutschen Ostprovinzen die größte Wanderbewegung eingesetzt, die Europa je erlebt hatte. Vor den fremden Soldaten fliehend, von den neuen polnischen und tschechischen Machthabern vertrieben, strebten Millionen Menschen nach dem deutschen Westen. Hunderttausende starben, am Rande der Straßen, in den Lagern, in den Wellen der Ostsee.

Auch Hahausen, das bereits während des Krieges zahlreiche Evakuierte aufgenommen hatte, erhielt immer mehr Flüchtlinge und Vertriebene zugewiesen. 1945 waren dies 228, 1946 537 Personen, denen jedoch 1946 ein Abgang von 43 Personen gegenüberstand. Die Aufnahme der Vertriebenen brachte zwar Probleme mit sich, doch wurde von allen Einwohnern versucht, die schwierige Situation zu meistern. Schwierigkeiten entstanden auch für viele Hahäuser durch die jetzt einsetzende so genannte Entnazifizierung.

Auf den von der Besatzungsrnacht eingesetzten Bürgermeister Otto Lau folgte Albert Dürkop, während Lau jetzt als Gemeindesekretär fungierte. Am 23. 8. 1945 war der Gemeindesteinbruch im Steimkerbachtal an Walter Seiler aus Bündheim verpachtet worden. Dieser Pachtvertrag wurde am 10.4.1946 für nichtig erklärt und vom Gemeinderat beschlossen, dass der Betrieb des Steinbruchs „von der Gemeinde Hahausen fortgesetzt werden soll". Die Probleme des Gemeinderats, der sich jetzt aus den Gemeinderatsmitgliedern Hermann Beitau, Albert Homann, Wilhelm Immenroth, Karl Kalbreier, Otto Klingebiel, Wilhelm Lerche, Robert Pümpel, Louis Sante, Karl Süßschlaf und Karl Schweckendiek zusammensetzte, waren insbesondere die Beschaffung von Bleekland für Flüchtlinge, die Aufstellung von Wohnbaracken und die Behebung

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der Schwierigkeiten mit dem Gemeindesteinbruch. Hermann Koch aus Bad Harzburg wurde zunächst zum Geschäftsführer für den Steinbruchbetrieb bestellt.

Am 30. 7. 1946 verhandelte der Gemeinderat über den Kauf einer Spritze zur Kartoffelkäferbekämpfung und die Rückzahlung der so genannten „Sühnegelder". Im Sommer 1946 wurde Otto Lau als Gemeindesekretär abgelöst und durch Heinrich Wagner ersetzt.

Am 2.10.1946 tagte der neu gewählte Gemeinderat., dem jetzt Hermann Beitau, Otto Bonhagen, Albert Dürkop, Otto Fricke, Karl Heche, Otto Homann, Wilhelm Immenroth, Karl Kalbreier, Otto Klingebiel, Robert Pümpel, Hermann Räke und Otto Schulze angehörten, zum ersten Male. Albert Dürkop wurde wiederum zum Bürgermeister gewählt.

Am 1. 11. 1946 wurde das Land Braunschweig durch Verfügung der britischen Militärregierung aufgelöst und dem neu gebildeten Land Niedersachsen als Verwaltungsbezirk eingegliedert. Damit hatte auch die 800jährige Zugehörigkeit von Hahausen zum Herzogtum und späteren Freistaat Braunschweig ein Ende gefunden.

Am 16. 4. 1947 wurde dem Gemeinderat u. a. eine Empfehlung des Staatlichen Gesundheitsamtes wegen Einsetzung einer Gemeindeschwester unterbreitet, die jedoch wegen fehlender Mittel abgelehnt wurde. Der Antrag des Vertriebenenausschusses auf Schulspeisung der Flüchtlingskinder wurde dem Gemeindedirektor zur Bearbeitung übergeben. Am 13. 8. 1947 wurde der bisherige Gemeindedirektor Wagner auf weitere sechs Jahre in dies Amt gewählt und am 20. 9. 1947, entgegen dem ursprünglich ablehnenden Gemeinderatsbeschluss, eine (kirchliche) Gemeindeschwester eingestellt. Die Schwierigkeiten mit dem Gemeindesteinbruch zogen sich bis 1948 hin, während der Schulleiter Jahns um Namhaftmachung eines Ortsausschusses für die Hoover-Schulspeisung nachsuchte. Die Rückzahlung der „Sühnegelder" wurde am 16. 2.1948 in geheimer Gemeinderatssitzung beschlossen. Es wurden 11 Stimmen für und eine Stimme gegen die Rückzahlung dieser Gelder abgegeben. Von den insgesamt 27.400.— RM wurden 17.650.— RM zurückverlangt, verzichtet wurde auf 8.750.— RM, 1000.— RM waren bereits zurückgezahlt worden.

Die am 20. Juni 1948 erfolgte Währungsreform brachte zwar für viele Sparer Härten mit sich, doch ermöglichte sie einen neuen wirtschaftlichen Anfang. Jeder Einwohner erhielt 40.— DM zum Neubeginn.

Im Juli 1948 verhandelte der Gemeinderat über die Einrichtung eines Wachdienstes zum Schutze der Felder. Ein solcher Wachdienst wurde dann aber doch nicht eingerichtet. Es hieß: „Die Besitzer bewachen ihre Ernteerzeugnisse selbst." Nach den Wahlen von 1948 gehörten dem Gemeinderat an: Brose, Franke, Fricke, Heche, Homann, Immenroth, Klingebiel, Langer, Ninow, Frau Reinke und Weihrauch. Am 10:12.1948 wurde Wilhelm Immenroth zum Bürgermeister gewählt und am 7. 9. 1949 wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet. Am 21. 11. 1950 wurde Immenroth wiedergewählt, gleichfalls im Jahre 1950 wurde der Neubau der Schule beschlossen.

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Bei den Wahlen zum Gemeinderat am 9. November 1952 errang der rechte „Wahlblock" 5 Sitze, die SPD 4 und der EHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten) 2 Sitze. Dem Gemeinderat gehörten jetzt an: Breiter, Deppe, Feige, Fricke, Illers, Immenroth, Klingebiel, Mull, Ohlendorf, Sandvoß und Ziegenbein. Otto Deppe wurde am 1.12.1952 zum Bürgermeister und Heinrich Sandvoß zu dessen Stellvertreter gewählt.

In den Monaten April und Mai 1953 wurden die Straßen im Dorf asphaltiert. Am 30./31. Mai und 1. Juni feierte der Gesangverein von 1873 sein achtzigstes Stiftungsfest unter Teilnahme fast der gesamten Bevölkerung und auswärtiger Vereine.

Für den Abend des 19. Juni 1953 wurde eine öffentliche Gemeindeversammlung einberufen, bei der darüber entschieden werden sollte, wo ein Kriegerdenkmal aufzustellen sei. Man entschloss sich, dies auf dem später „Gedenkplatz" genannten Platz aufzustellen. Die Kosten des Denkmals sollten durch Sammlungen und ein Wohltätigkeitskonzert aufgebracht werden. Im Sommer 1953 wurde mit dem Bau von Siedlungshäusern am Bulwergalgen begonnen und am 12. 8. 1953 wurde der Gemeindedirektor Wagner auf drei Jahre in dies Amt gewählt.

Im Herbst 1953 trat der Polizeiposten Lutter mit der Bitte an die Gemeinde heran, eine Rechnung über DM 20.55 zu übernehmen. Es handelte sich um die Erneuerung der Türscheibe des Feuerwehrwagens. Die Scheibe wurde von einem Polizei-Hauptwachtmeister beim Zuschlagen der Tür zertrümmert. Dem Antrag wurde nicht stattgegeben.

Am 13. 11. 1953 wurden der Bürgermeister Otto Deppe und sein Stellvertreter Heinrich Sandvoß einstimmig wiedergewählt, gleichzeitig wurde der Eingemeindung des Forsthauses Langenberg in die Gemeinde Hahausen zugestimmt. Im Jahre 1953 gab es in Hahausen nach vielen bis dahin erfolgten Barlösungen noch 31 Brennholzberechtigte, aber keine Bauholzberechtigten mehr. 1954 wurde die Quelle Steinknapp auf 25 Jahre an die Wasserinteressentschaft Hahausen verpachtet. Am 3.11.1954 wurden Otto Deppe und Heinrich Sandvoß in ihren Ämtern bestätigt. Das Ehrenmal für die Gefallenen und Vermissten, das auf einem von Bauer Hermann Märten gestifteten Platz errichtet worden war, wurde am 14. November eingeweiht. Der Gemeinderat beschloss, dass der Platz, auf dem sich das Denkmal jetzt befindet, „Gedenkplatz" heißen solle. Der „Beobachter" berichtete über die Denkmalseinweihung sowohl am 15. wie auch am 20. November 1954. Der letzte Bericht sei hier wiedergegeben: 

Den Unvergessenen
Sie gaben ihr Leben im Glauben an eine bessere Zukunft Hahausen. Am Volkstrauertag weihte Hahausen sein neues Ehrenmal ein. Der Entwurf dazu stammte von Baumeister Hugo Hoffmeister, der auch die Ausführung in Händen hatte. Das Denkmal, das aus Muschelkalk aus dem Elm erbaut wurde, ist durch Spenden der Einwohnerschaft und z. T. durch freiwillige Gemeinschaftsarbeit entstanden. Das alte Ehrenmal vor der Kirche für die Gefallenen des ersten Weltkrieges wurde entfernt. Leider war es

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Ehrenmal



Friedhofskapelle


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stilmäßig nicht möglich, das alte Ehrenmal im neuen mit zu verarbeiten. Die Tafeln des alten Males wurden herausgenommen und der Kirche zur Aufbewahrung übergeben. Das neue Denkmal trägt nun das Andenken für die Opfer der beiden Weltkriege. Erschütternd groß ist die Zahl der Toten und Vermissten des letzten Weltkrieges. Nicht nur die Namen der Alteingesessenen sind auf den Tafeln des letzten Weltkrieges verzeichnet; auch mancher Angehörige unserer Neubürger fand dort eine würdige Stätte des Gedächtnisses und der nie vergessenden Liebe. Möge dieses Denkmal Hahausen stets eine Weihestätte der Verpflichtung, Verehrung und Mahnung sein - nicht nur für die jetzige Generation, sondern auch für die kommenden.

1955 wurde Bürgermeister Otto Deppe zum ständigen Aufsichtsratsmitglied im Steinbruchbetrieb GrnbH gewählt, während am 25. 7. 1956 die Amtszeit des Gemeindedirektors Wagner bis zum Schluss der Wahlperiode des derzeitigen Gemeinderates verlängert wurde. Der Beschluss erfolgte einstimmig. Am 9.11.1956 erhielt Otto Deppe die Bestätigung als Bürgermeister, dessen Stellvertreter wurde wiederum Heinrich Sandvoß. Der Ratsherr Otto Klingebiel wurde einstimmig zum ehrenamtlichen Gemeindedirektor gewählt, Wagner zu dessen Stellvertreter. Dem Gemeinderat gehörten jetzt die Ratsherren Fricke, Garn, Hasprich, Hoffmeister, Karl Immenroth, Wilhelm Immenroth, Kleinert, Klingebiel, Ohlendorf und Sandvoß an. Klingebiel legte sein Mandat nieder, für ihn folgte Franke.

Im Dezember 1956 protestierte der Rat beim Niedersächsischen Wirtschaftsminister gegen den Bau des Autobahnzubringers von Goslar über Langelsheim nach Rhüden. Es hieß, dass dadurch 50 Morgen Land verloren gehen würden und die Hahäuser Feldmark, die durch zwei Eisenbahnlinien und durch zwei Bundesstraßen sowieso schon sehr zerschnitten ist, noch mehr zerstückelt würde. Inzwischen ist der Autobahnzubringer fertig gestellt.

Im März 1958 wurde für den verstorbenen Ratsherrn Otto Fricke Hermann Kalthammer als Ratsherr verpflichtet. Gleichzeitig beschloss der Gemeinderat den Kauf eines Mannschaftswagens von der Berufsfeuerwehr Hildesheim und den Verkauf des alten Kraftfahrzeugs mit der Handdruckspritze. Die grundbuchliche Eintragung der Rosenstraße, die bereits im Jahre 1935 von dem früheren Besitzer Heinrich Faber an die Gemeinde abgetreten worden war, sollte veranlasst werden. Ab Mai 1958 versah der Bürgermeister Otto Deppe auf Beschluss des Gemeinderates auch das Amt des Gemeindedirektors in Personalunion. Im Juli 1958 wurde der Kaufeiner neuen Motorspritze beschlossen. Im Jahre 1958 hatte Hahausen 1216 Einwohner, von denen 409 Vertriebene und 16 Evakuierte waren. Es waren neue Häuser gebaut worden und die Einwohner brauchten nicht mehr so eng zusammenzurücken wie in den ersten Jahren nach dem Kriege. Die Schrecken des Krieges und der Nachkriegszeit gerieten ins Vergessen und eine neue Generation wuchs heran. Vom Wirtschaftswunder profitierte auch Hahausen und die politischen Verhältnisse konsolidierten sich. Es ging wieder aufwärts.

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