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Von der Landnahme durch
die Cherusker
bis zur Frankenherrschaft
Um die Herkunft der Cherusker rankt sich
ein Mythos. Sie gehörten zu den so genannten Mannus-Stämmen. Tacitus berichtet von einer germanischen Sage, wonach der erdgeborene
Gott Tuisto einen Sohn Mannus hatte, der der Ahnherr der Stämme der Ingväonen,
Herminionen und Istväonen gewesen sein soll. Die Herminionen wohnten nach ihm in der Mitte des Landes. Nach
Plinius gehörten zu ihnen die Cherusker und die Chatten. Tacitus unterscheidet die
Mannusstämme deutlich von den weiter östlich wohnenden suebischen Stämmen.
Sie kamen aus dem Norden, der Wiege aller germanischen Völker. Dann saß sie lange in der
Heide. Seit 500 - 400 v. Chr. schoben sie sich mit unwiderstehlicher Gewalt vorwärts, um ihre endgültigen Wohnsitze einzunehmen.
Kleinere und Teile anderer germanischer Stämme in sich aufnehmend oder sich verbündend, dehnten sie ihr Gebiet weit nach Süden und nach Westen aus
(1)
Um 1100 v. Chr. hatten die Cherusker ihr Siedlungsgebiet bis an die nördlichen Harzrand ausgeweitet. Die Gegend um Hahausen war also Grenzland.
Das Westharzgebiet bis vor die Tore Osterodes wird um diese Zeit als Niemandsland angesehen
(2).
Bis zur Pipinsburg bei Osterode waren
keltische Stämme vorgedrungen. Es ist daher anzunehmen, dass das Gebiet um die Hahäuser Kirche, den Illerschen Hof und den
"Platz" bereits zu dieser Zeit von einem cheruskischen Grenzposten besetzt war, der
den hier gabelnden "Alten Weg" zu sichern hatte.
Um 100 v. Chr. stießen die Cherusker bis zur Linie Gittelde - Einbeck vor. Damit verbreiterte sich die Basis dieses Volksstammen auch in
der Ebene von Lutter, wo er anscheinend eine Anzahl Kultstätten besaß. Im Gebiet um Hahausen dürften Osterköpfe und Osterholz mit Sicherheit ihre Namen
zu cheruskischer Zeit erhalten haben, wogegen der Hillenkopf als Kultstätte von vorgermanischen Völkern übernommen wurde.
Wir können um diese Zeit allenfalls einzelne Höfe im Umkreis von Hahausen vermuten. Die Cherusker lebten, wie alle Germanen, größtenteils auf
Einzelhöfen, die jedoch manchmal bereits kleine Siedlungen bildeten. Bodentönungen und Scherbenfunde (?) am Mittelbach und vor den Osterköpfen könnten evtl. auf solche Ansiedlungen hindeuten.
Wenn auch einwandfrei gesicherte Funde aus der Cheruskerzeit in unserer
unmittelbaren Umgebung bisher nicht gemacht wurden, so verweisen doch die
bereits genannten Kultstätten wie auch Orts- und Bergnamen in der näheren Umgebung auf die cheruskische Erbschaft. Als cheruskische Wortbildungen bzw. Wortbestandsteile werden sowohl der Hodagswinkel in Seesen wie auch der Name des nahen Dorfes Ortshausen, das früher Ordagshusen hieß genannt.
(1) Kalthammer, Wilhelm: Die Cherusker und der Harz. In: "Unser
Harz", Clausthal-Zellerfeld, Heft 6/1982 und in: "Ur- und Frühzeit", Homburg, Heft 4/82
(2) Roth, Otto: Am Westharzrand zu Beginn unserer Zeitrechnung. In:
"Beobachter", Seesen
Chronik, Seite 29
Auch der Eichsberg zwischen Hahausen
und Ödishausen dürfte seinen Namen bereits zu cheruskischer Zeit erhalten haben. Auf cheruskische
Merkmale in der auch bis vor kurzem noch in Hahausen gesprochenen ostfälischen Sprache wies bereits der Sprachenforscher Emil Mackel hin
(1).
Am Rande der Hahäuser Gemarkung, am Sölterswinkel nordöstlich vom Dolger Bach, wurde ein frühzeitlicher Friedhof entdeckt. Ob
derselbe jedoch den Cheruskern zuzuweisen ist, müsste noch genau untersucht werden.
Die Grenze des Cheruskerlandes während dessen größter Ausdehnung wird östlich bis zur Oker und südöstlich bis zum Eichsfeld, dessen
Name wiederum als cheruskische Wortbildung angesehen wird, angenommen. Die östlichen und südöstlichen Nachbarn der Cherusker waren die Hermunduren oder
Sueben. Zwischen ihnen lag als Niemandsland der Harz. Es drängt sich daher die Frage auf, ob der Harz mit dem
sagenhaften Bacenis-Wald antiker Quellen identisch ist. Dieser Wald war, wie schon Cäsar berichtete, von gewaltiger Größe, erstreckte sich weithin landeinwärts und beschützte die Cherusker und Sueben vor gegenseitigen Angriffen. Käubler
(2)
sieht in den bei Neuekrug gelegenen Großen und Kleinen Bakenberg Reste des
Bacenisgebietes.
Das Cheruskerland wurde 12 v. Chr. bis 9 nach
Chr. von den Römern unterworfen und besetzt, doch haben sich
Spuren aus dieser Zeit bei uns nicht erhalten. Im nahen Rhüden fand ein Bauer jedoch Anfang 1980 eine Münze aus der Römerzeit, die von durchziehenden römischen
Legionären oder auch von reisenden Händlern verloren sein kann.
Gegen die Herrschaft der Römer erhoben sich die Cherusker im Jahre 9 n. Chr. unter ihrem Fürsten Armin, der durch den Sieg im Teutoburger Wald über drei Legionen des römischen Feldherrn Varus in die Geschichte eingegangen ist. Durch diesen Sieg wurde die Entstehung
eines eigenständigen deutschen Volkstums überhaupt erst ermöglicht.
Nach dieser siegreichen Schlacht folgten noch weitere Kämpfe mit den Römern, doch konnten diese unser Gebiet nie wieder unter ihre Herrschaft zwingen. Der Held vom Teutoburger Wald wurde von Verwandten ermordet und das Reich der Cherusker zerfiel gegen Ende des 1.
Jahrhunderts nach Christi durch die Erbuntugenden der Deutschen: Neid, Sonderbündelei und inneren Hader. Die Bedeutungslosigkeit, in die die Cherusker jetzt gesunken waren, erkennen wir am besten daran, dass nun fast zwei Jahrhunderte lang die antiken Quellen über sie schwiegen. Erst um 308/309 n. Chr. regen sie sich - neben anderen Stämmen - wieder, doch dürften sie hier bereits ein Glied des Sachsenbundes gewesen sein.
Um diese Zeit entstanden durch Zusammenschlüsse kleinerer germanischer Gruppen die deutschen Stämme, so die Sachsen, die heutigen Niedersachsen, die aus einer Vereinigung der eigentlichen Sachsen, die aus Schleswig-Holstein kamen, sowie der Chauken, Cherusker und anderer
hervorgingen.
(1) Mackel, Emil: Wohin gehört die Mundart von Hildesheim und Umgebung. In: "Alt-Hildesheim", Heft 14, Juni 1935
(2) Käubler, Rudolf: Die antiken Namen für den Harz. In: "Nova Acta Leopoldina", 1963, S. 65-80
Chronik, Seite 30
Durch den Sachsenbund kamen auch Aussiedler aus dem Norden ins
Cheruskerland, außerdem stellen die eigentlichen Sachsen dem Bunde
den politisch und militärisch hochbegabten Adel, zumal sich der eigene Adel der Cherusker im Laufe der Jahrhunderte in gegenseitigen Kämpfen nahezu ausgelöscht hatte.
Die bäuerliche Bevölkerung in Ostfalen, zu welchem sächsischen Teilherzogtum unserer Gegend nunmehr gehörte, konnte jedoch ihr cheruskisches Volkstum über Jahrhunderte hinweg erhalten.
Während der Zeit der alten Sachsen entwickelten sich die drei Stände; Adel, Freie
und Hörige, die jedoch wiederum in Gruppen unterteilt waren. So gliederte sich der Adel in Fürsten und Grafen, die Freien in Schöffenbarfreie und Gemeindefreie und die Hörigen in Laten
(Liten, Leute) und rechtlose Tagelöhner, Dagewerchte, die keinerlei Rechte hatten.
In dieser Zeit, jedoch auch noch in die später fränkische, als etwa vom 4. - 9. Jahrhundert, wird die Gründung der Dörfer aus -hausen verlegt. Dem sächsischen und fränkischen Adligen wurde Land zugestandne wie jedem anderen und ein Hus, das gewiss in Gemeinschaftsarbeit errichtet wurde; ein Haus, das größer war als die üblichen, weil es auch Krieger aufnehmen musste, ein Hus, das nach dem Anführer genannt wurde. So entstanden die zahlreichen -hausen- Dörfer in unserer Gegend.
Diese Theorie ist für Hahausen jedoch nur bedingt richtig, da nicht anzunehmen ist, dass der
Name unseres Dorfes von einem Personennamen abgeleitet wurde, wie bereits dargelegt worden ist. Es wird sich eher um eine Zusammensetzung von Hagen, was soviel wie umzäuntes oder auch umwalltes Gebiet bedeutet, und hus handeln. Diese Wortzusammensetzung deutet auf eine besonders starke Befestigung hin; einen Hagen, der ein festes Haus umgab.
Diese Anlage dürfte frühere Vorgänger gehabt haben und wiederum zur Sicherung des "Alten Weges" gedient haben. Wir können sie im Gebiet der Kirche und des Illerschen Hofes vermuten.
Bevor die Sachsen jedoch ihre Herrschaft gefestigt hatten, wurden sie in
schwere Kämpfe mit dem Thüringerreich verstrickt. Der thühringische Machtanspruch wurde jedoch im Jahre 531 durch den gemeinsamen Angriff von Franken und
Sachsen zurückgedrängt. Ihre größte Machtentfaltung erlangten die nur lose miteinander verbundenen Teilherzogtümer der Sachsen um 700. Doch schon bald darauf wandten sich die Franken gegen ihre ehemaligen Verbündeten.
Schon Pippin der Kurze zog 753 und 757 durch Hahausen oder doch an
den wenigen Höfen vorbei, aus denen sich das Dorf später entwickelte. Ihm folgte sein Sohn, Karl der Große, der von 772 bis 783 das Sachsenland nach schweren Kämpfen unterwarf.
Es wird jedoch angenommen, dass die Sachsen von ihrem uneinnehmbaren Bollwerk, dem Harz, herab noch viele Jahre
gegen die fränkische Herrschaft und die zwangsweise Bekehrung zum Christentum gekämpft haben. So wird vermutet, dass sowohl der Große und Kleine Bakenberg, Lageswarte, Hoheleuchte und Fierpaß (Füerpaß) als älteste Signalstätten während der Kämpfe mit den Franken dienten. Auch aus der Gegend von
Buntenbock kommende und am Bakenberg niedergehende Rennstieg dürfte ihnen zu Verbindungszwecken
gedient haben.
Chronik, Seite
31
Die ersten Handlungen der fränkischen Eroberer bestanden in der Vernichtung des heidnischen Götterglaubens und dessen Kultstätten, Zwangstaufen und Errichtung von Kirchen. Wir können daher für die Zeit um 800 die Dorfwerdung von Hahausen und den Bau einer ersten Kirche, vermutlich aus Holz, annehmen. Während der Frankenherrschaft erfolgte auch die Gaueinteilung, die sich meist auf bereits bestehende sächsische Einrichtungen stützte. Hahausen kam zum Ambergau, dessen höchstgelegenes Dorf es ist. Wie weit sich Deportationen von Teilen der einheimischen Bevölkerung oder Zwangsansiedlungen von Franken - oder von
Franken unterworfenen entfernteren Bevölkerungsteilen - wie in der alten Mark Rhüden, auf unser Gebiet ausgewirkt
haben, ,lässt sich heute jedoch nicht mehr feststellen. (1)
(1) Roth, Otto: Neues von den alten
Sachsen. In: "Beobachter", Seesen, 1967
Chronik, Seite 32
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